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Neue Studien belegen Zusammenhang

Die große Mehrheit der Fitnesskunden trainiert mit dem Ziel, ihr Körpergewicht zu reduzieren bzw. schlanker und fitter auszusehen. Neue wissenschaftliche Studien zeigen, dass sich eine Ganzkörper-Elektromyostimulation (WB-EMS) positiv auf die Körperzusammensetzung auswirkt.

Jede Sparte mit entsprechenden Berührungspunkten, sei es Sport, Ernährung oder auch Wissenschaft, propagieren unterschiedlichste Methoden und versprechen jeweils die besten Ergebnisse. Eine Problematik, die in Bezug auf gesteigerte körperliche Aktivität und im Speziellen auf Sporttreiben häufig genannt wird, ist die dauerhafte Integration in den Alltag. Zeit wird häufig als der limitierende Faktor für adäquates Sporttreiben angegeben. Dessen sind sich mittlerweile auch Sport-/Fitnessanbieter bewusst und setzen vermehrt auf zeiteffektive bzw. zeitoptimierte Trainingspläne und -protokolle, die das angestrebte regelmäßige Sporttreiben unterstützen sollen.

Die alternative Trainingstechnologie der Ganzkörper-Elektromyostimulation (whole-body electromyostimulation, WB-EMS) bedient sich eines dieser zeiteffektiven Protokolle mit jeweils nur 20 Minuten je Trainingseinheit (TE). Ausgehend von einem derart geringen Trainingsumfang, ist es umso bemerkenswerter, dass einige Studien mittlerweile von maßgeblichen Veränderungen der Körperzusammensetzung, sprich Muskelaufbau und – in diesem Fall relevanter – Körperfettreduktion, berichten.

Wenn es um die Themen „Fettreduktion“ und „Körpertransformation“ geht, scheinen herkömmliche „klassische“ Trainingsmodelle mit WB-EMS einen ernsthaften Konkurrenten bekommen zu haben. Im Vergleich mit einem ähnlich zeiteffizienten, klassischem HIT-Krafttrainingsprotokoll (1-Satz-Training bis zur Ausbelastung; 2–3 TE/Woche, ~30 min) konnten beide Trainingsgruppen nach einer 16-wöchigen Intervention ihr Gesamtkörperfett um 4,3% bzw. ihr abdominales Fett um 6% in ähnlichem Ausmaß reduzieren [1]. Selbst einem Vergleich mit einem zeitlich deutlich aufwendigerem HI(I)T-Ausdauerprotokoll über 16 Wochen (-4,9%) kann das WB-EMS-Protokoll (1,5x/Woche, 20 min; 85 Hz, 350 µs, 6 s Strombelastung/4 s Pause) hinsichtlich Gesamtkörperfettreduktion standhalten.

Bis vor Kurzem stand dennoch die Frage zu den zugrunde liegenden Vorgängen im Raum, die bei relativ kurzer Trainingsdauer je TE derartige Veränderungen der Körperzusammensetzung bewirken. Vorangegangene Ergebnisse, die verlängerte Regenerationszeiten im Anschluss an eine (hoch)intensive WB-EMS-Einheit nachweisen [2], lassen die Schlussfolgerung zu, dass die verzögerten Reparaturmechanismen auch einen verlängerten und erhöhten Energiebedarf mit sich bringen.

Neben den bereits vor einigen Jahren evaluierten Auswirkungen von WB-EMS auf den akuten Energieverbrauch sowie auf langfristige Veränderungen des Energieverbrauchs (energy expenditure; EE) nach einem 14-wöchigen WB-EMS-Training erforschte das Team der Universität Erlangen-Nürnberg um Prof. Wolfgang Kemmler erst kürzlich die kurz- bis mittelfristigen Effekte einer einzigen (intensiven) WB-EMS-Trainingseinheit auf den Energieumsatz. Der Fokus lag auf einem besseren Verständnis der ablaufenden Mechanismen auch mit dem Ziel, entsprechende Erkenntnisse u.a. zur Optimierung von Trainingsinterventionen nutzen zu können.

Kurz vorweggenommen: Der Effekt der Fettreduktion nach WB-EMS scheint sich wohl aus mehreren, bereits oben erwähnten Komponenten zusammenzusetzen:

1. Der Akut-Effekt (AE)

In der immer noch relativ überschaubaren Studienlage zur WB-EMS finden sich bisher lediglich zwei Studien, die sich mit der Thematik des akuten Energieverbrauchs im Verlauf einer WB-EMS-Einheit auseinandersetzten. Durchschnittlich ~160 kcal/TE wurden als Energieverbrauch während einer 20-minütigen Session ermittelt – hochgerechnet etwa 460–480 kcal/h [3, 4] – womit WB-EMS etwas über dem Bereich konventioneller Krafttrainingsprotokolle zu liegen scheint.

Ein generelles Problem bei der Erfassung des AE während hochintensiver Trainingsbelastungen, wozu WB-EMS zweifellos gezählt werden kann, liegt im relativ großen Anteil an anaeroben Stoffwechselprozessen. Die in beiden Studien angewandte Messmethodik der indirekten Kalorimetrie, also einer Energieumsatzmessung mittels Atemgasanalyse (VO2-Verbrauch), kann derartige Stoffwechselvorgänge nicht adäquat erfassen und könnte somit zu einer Fehleinschätzung des tatsächlichen Energieverbrauchs beitragen. Hier liegt zweifellos ein Ansatzpunkt weiterer Forschungsprojekte.

2. Die kurz- bis mittelfristigen Effekte (MFE)

Das aktuellste, erst kürzlich durchgeführte Forschungsprojekt befasst sich mit den kurz- bis mittelfristigen Auswirkungen einer einzelnen intensiven WB-EMS-TE. Endpunkte der Studie waren erstens der Gesamtkalorienverbrauch (total energy expenditure; TEE) über bis zu 72 Stunden sowie zweitens der Vergleich und Verlauf des Ruhe-Energieumsatzes (resting metabolic rate; RMR) mit und ohne entsprechende 20-minütige Trainingsbelastung.

Abbildung 1 zeigt den kumulierten Gesamtenergieverbrauch der einzelnen drei Tage im Anschluss an die Trainingseinheit (1 h). Es zeigte sich ein bis zu 48 Stunden signifikant höherer TEE in der WB-EMS-Gruppe, der, gemittelt auf die gesamte Zeitspanne von 72 Stunden, etwa zusätzlich 463 kcal und somit einen um 9,5% höheren Energieumsatz bedeutet.
Abbildung 2 verdeutlicht dieses Ergebnis und zeigt den konkreten Anstieg des RMR nach WB-EMS im Vergleich zum konstanten RMR ohne Belastung. Der absolute Kalorienverbrauch unmittelbar nach der TE belief sich auf zusätzlich 21 kcal/h; er blieb bis zu 36 Stunden höchstsignifikant gesteigert (+11 kcal/h). Selbst der Mehrverbrauch von 5 kcal/h nach 60 Stunden stellt hier immer noch einen statistisch bedeutsamen Unterschied gegenüber der Kontrollgruppe dar.

Dieses Ergebnis bestätigte in etwa die Einschätzung, die der zeitliche Verlauf der verlängerten Regenerationszeit nach WB-EMS nahelegt. Ähnlich wie beim AE liegen die kurz-/mittelfristigen Ergebnisse in einem ähnlichen Umfang wie konventionelles Krafttraining, wobei sich auch hier die Studienlage als eher überschaubar und inkonsistent präsentiert. Hackney et al. (2008) [5] beschreiben nach einem Ganzkörpertraining mit Fokus auf exzentrische Bewegung beispielsweise einen um bis zu 72 Stunden gesteigerten RMR von 9%. Zudem bewirkt der erhöhte Energieverbrauch im Anschluss an intensives Krafttraining zudem eine verbesserte Fettverbrennung – ein Effekt, der mindestens bis zu 24 h anhalten soll [6-8].

3. Die langfristigen Effekte (LFE)

Ein Projekt aus dem Jahr 2010 untersuchte den Einfluss einer WB-EMS-Intervention bei postmenopausalen Frauen u.a. auf Körperzusammensetzung und RMR. Die Teilnehmerinnen trainierten 1,5-mal pro Woche WB-EMS und zeigten nach der Intervention ein um 8,6% reduziertes Gesamtkörperfett sowie reduzierte Körperumfänge an Hüfte und Taille von etwa 2,3% [9]. Vergleicht man diese LFE mit den Effekten nach konventionellem Krafttraining, zeigt WB-EMS etwas bessere Auswirkungen. Nach Treuth et al. [10] zeigte eine ähnliche Klientel lediglich eine Reduktion von 4% des Gesamtkörperfetts nach 16-wöchigem Ganzkörper-Krafttraining.

Die ermittelten Veränderungen zum EE zeigten nach der 14-wöchigen Trainingsphase eine Differenz von rund 3,2 kcal/h zwischen den beiden Gruppen. Hochgerechnet ergibt sich somit ein Mehrverbrauch in der Trainingsgruppe von ca. 76,8 kcal/Tag respektive etwa 5,3%. Dies ist eigentlich keine sonderlich überraschende Entwicklung, da das Thema „Fettreduktion“ in der Literatur in der Regel auf mittel- bis langfristige Effekte der Körperzusammensetzung durch gesteigerte Magermasse (LBM) und damit einhergehend höheren RMR zurückgeführt wird [11].

Fazit

Betrachtet man die einzelnen Effekte per se, wirken diese eher wenig eindrucksvoll. Wenn man sich allerdings das Gesamtpaket „WB-EMS-Training und Energieverbrauch“ anschaut und sich einer einfachen Milchmädchenrechnung bedient, bestätigen sich durchaus die in der Literatur beschriebenen Resultate: Setzt man entsprechend des EE einen neuen Trainingsreiz nach ca. 60–72 h, sprich 1,5 Trainingssessions/Woche, beläuft sich der tägliche Mehrverbrauch auf ~34 kcal/Tag (AE 160 kcal x 1,5 TE/7 Tage). Addiert man den Energieverbrauch (462 kcal) der folgenden 72 h dazu, so steigert sich der tägliche Mehrbedarf auf ~106 kcal/Tag ((462 kcal + 34 kcal) x 1,5 TE/7). Zieht man jetzt zur Berücksichtigung die langfristigen Anpassungen heran, würde sich ein täglicher Mehrverbrauch von ~218 kcal/Tag ergeben (AE 34 kcal + MFE 106 kcal + LE 77 kcal). Zu berücksichtigen ist hierbei zusätzlich, dass die hier einkalkulierten langfristigen Adaptionen bei entsprechend intensiverer Trainingsgestaltung durchaus höher ausfallen könn(t)en. Geht man von dem in der Literatur beschriebenen Nährwert von 7.000 kcal für 1 kg an reinem Körperfett aus, könnte somit binnen eines Monats mittels 1,5x WB-EMS/Woche 1 kg Körperfett reduziert werden.

In Anbetracht ihrer Zeiteffektivität von lediglich 20 min/TE, der oben beschriebenen Wirkungsweise und eines richtliniengetreuen, sicheren Trainings mit sukzessiver Belastungssteigerung [12] stellt WB-EMS ein gutes Tool dar, um mit relativ wenig Zeitaufwand Körperfett zu reduzieren und somit schrittweise an der Wunschfigur zu feilen.

 

Marc Teschler

Marc Teschler absolvierte das Studium zum Diplom Sportwissenschaftler an der Friedrich-Alexander Universität Erlangen Nürnberg (FAU). Neben seinen Beschäftigungsfeldern in der betrieblichen Gesundheitsförderung und Leistungsdiagnostik ist er derzeit als Doktorand an der FAU beschäftigt. Mit der Forschergruppe um Prof. Wolfgang Kemmler forscht er primär im thematischen Schwerpunkt „alternative Trainingstechnologien“, respektive Ganzkörper-Elektromyostimulation.

Quellenangaben:

1. Kemmler, W., et al., Ganzkörper-Elektromyostimulation versus HIT-Krafttraining – Effekte auf Körperzusammensetzung und Muskelkraft. Dtsch Z Sportmed, 2015. online first.
2. Teschler, M. W., A.; Fröhlich, M.; Kohl, M., Bebenek, M.; von Stengel, S.; Kemmler, W., (Very) High creatine kinase (CK) levels after Whole-Body Electromyostimulation. Are ther implications for health? Int J Clin Exp Med, 2016. 9(11): p. 22841–22850.
3. Kemmler, W., et al., Effect of whole-body electromyostimulation on energy expenditure during exercise. J Strength Cond Res, 2012. 26(1): p. 240–5.
4. Boccia, G.F., A.; Savoldelli, A.; Bortolan, L.; Rainoldi, A.; Schena, F.; Pellegrini, B., Oxygen consumption and muscle fatigue induced by whole-body electromyostimulation compared to equal-duration body weight circuit training. Sport Sciences for Health, 2016.
5. Hackney, K.J., H.J. Engels, and R.J. Gretebeck, Resting energy expenditure and delayed-onset muscle soreness after full-body resistance training with an eccentric concentration. J Strength Cond Res, 2008. 22(5): p. 1602–9.
6. Jamurtas, A.Z., et al., The effects of a single bout of exercise on resting energy expenditure and respiratory exchange ratio. Eur J Appl Physiol, 2004. 92(4-5): p. 393–8.
7. Kirk, E.P., et al., Minimal resistance training improves daily energy expenditure and fat oxidation. Med Sci Sports Exerc, 2009. 41(5): p. 1122–9.
8. Penailillo, L., A. Blazevich, and K. Nosaka, Energy expenditure and substrate oxidation during and after eccentric cycling. Eur J Appl Physiol, 2014. 114(4): p. 805-14.
9. Kemmler, W., et al., Effects of whole-body electromyostimulation on resting metabolic rate, body composition, and maximum strength in postmenopausal women: the Training and ElectroStimulation Trial. J Strength Cond Res, 2010. 24(7): p. 1880-7.
10. Treuth, M.S., et al., Energy expenditure and substrate utilization in older women after strength training. J Appl Physiol, 1995. 78: p. 2140–2146.
11. Pöhlman, E.T. and C. Melby, Resistance training and energy balance. Int J Sport Nutr, 1998. 8(2): p. 143–159.
12. Kemmler, W.F., M.; von Stengel, S.; Kleinöder, H., Whole-Body Electromyostimulation – The Need for Common Sense! Rational and Guideline for a Safe and Effective Training. Dtsch Z Sportmed, 2016. 67: p. 218–221.